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KATRIN ROHDE

Du bist Gründerin vieler sozialer Projekte und wurdest in Hamburg geboren. Durch dein Engagement für afrikanische Asylbewerber in Schleswig-Holstein, bist du im Jahr 1988 zum ersten Mal nach Burkina Faso gekommen. Bei deinem Aufenthalt erkranktest du schwer. In dem Dorf, wo du dich aufgehalten hast, bist du von den Menschen vor Ort gesund gepflegt worden und sammeltest für sie aus Dankbarkeit Spenden in Deutschland, um ihnen einen Schulbau zu ermöglichen. Daraufhin bist du weitere Male nach Burkina Faso geflogen.

Was war dein Schlüsselmoment, welcher dich dazu veranlasste 1995 deine beiden Buchhandlungen in Plön und Preetz zu verkaufen und nach Ouagadougou in Burkina Faso auszuwandern?

Schon bei meinem ersten Aufenthalt in Ouagadougou sah ich die vielen Straßenjungen, manche erst 5 oder 6 Jahre alt, welche in Banden mit älteren Jungen lebten, die gerne bis zu 20 Jahre alt waren. Meistens waren die Kinder von Zuhause im Dorf weggelaufen. Sie suchten Arbeit, um ihre Familien auf den Dörfern zu unterstützen, da sie meist bitterarm waren. Aber Arbeit gab es für solche Jungen in diesem Moloch von Stadt nicht. Hier in Burkina Faso ist die Familie das Wichtigste im Leben. Niemand kann ohne Familie leben. Also wurden sie Mitglieder in einer sie schützenden Bande, die so funktionierte wie eine Familie. Leider gab sehr viel Drogen und Alkohol in diesen Banden. Zum Beispiel wurde Klebe gesnifft. Unter diesem Einfluss wurden sogar die Kleinsten zu Taschendieben und Einbrechern. Vor dreißig Jahren tötete die Bevölkerung Diebe noch selber, oft durch Steinigungen. Ich erkundigte mich wer hier zuständig war, aber es gab niemanden. Das Sozialamt guckte weg und private Helfer gab es keine. Es musste dringend etwas getan werden. Einer musste sich verantwortlich fühlen, und das war dann ich. Ich hatte gerade Erich Fromm gelesen, „Haben oder Sein.“ Kurzerhand entschied ich mich klar für „Sein“, verkaufte und verschenkte alles was ich hatte und zog um nach Ouagadougou. Ich mietete ein kleines Haus und zog mit 9 der Straßenjungen zusammen, die dann lesen lernten und Lehren anfingen. So begann alles. Heute hat AMPO 140 Mitarbeiter und sieben Projekte mit ihren jeweiligen Direktoren. Es gibt dort überhaupt keine Europäer. Auch ich habe meinen Direktorenposten schon vor 5 Jahren abgegeben. Beschlüsse werden von allen sieben Direktoren gemeinsam gefasst. Meinen beiden Grundsätzen bin ich treu geblieben: 1. Afrika den Afrikanern – sie müssen es selbst entwickeln. 2. Nur liebend können wir leben. Ein jeder trägt Verantwortung für andere. So arbeiten wir hier, mit Zuversicht und gemeinsam – und noch nie hat jemand Überstundengeld eingefordert!

Am Anfang hast du Straßenkinder in deinem Haus in der Millionen-Hauptstadt Ouagadougou von Burkina Faso betreut. Dann hast du den burkinischen Verein „Association Managre Noma pour la Protection des Ophelias“ ( A. M. P. O. ) gegründet. Es folgten zahlreiche Projekte. Auf einige würde ich gerne näher eingehen. Z.B. hast du 1996 ein Waisenhaus für Jungen eröffnet. Heute leben bis zu 60 Jungen zwischen 6 und 18 Jahren dort. 1999 eröffnete das Mädchenwaisenhaus AMPO Filles, wo bis zu 60 Mädchen ein Zuhause finden. Gibt es viele Waisenkinder in Burkina Faso und was sind deiner Meinung nach die Gründe dafür?

In diesem kleinen Land mit ca. 20 Millionen Einwohnern gibt es über 60 Ethnien, also auch 60 verschiedene Sprachen und Traditionen. Fast alle leben im Patriarchat. Ungefähr die Hälfte ist muslimisch und die andere Hälfte katholisch. Viele glauben noch an die alten Götter. Früher gab es viele Bauern und Hirten, die viele Kinder brauchten als helfende Hände für die Arbeit. Die Kindersterblichkeit war hoch. Als ich hier begann waren die Zustände ähnlich wie in Deutschland vor der Industrialisierung. Die Menschen waren arm und zufrieden. Wenn ein Vater starb, nahmen die Brüder die Kinder bei sich auf – einen Esser mehr, eine Hand mehr. Waisenhäuser gab es nicht. Nun aber, in der beengenden Stadt, kann ein Familienvater nicht mal eben fünf Kinder seines Bruders aufnehmen. Oft leben zehn Menschen in einem kleinen Lehmbau ohne fließend Wasser und ohne Strom. Schulgeld ist teuer. Vielleicht kann er nicht mal seine eigenen Kinder ausbilden. So stehen die Waisen heute alleine da.

1998 wurde eine staatlich anerkannte Krankenstation eröffnet. Wie sieht es mit der medizinischen Versorgung in Burkina Faso aus? Gibt es eine gute Zulieferung zu eurer Station?

Es gibt hier keine Krankenversicherung. Bei jedem Unfall und jeder Krankheit muss die Großfamilie zusammenlegen. Es gibt kaum Krankenschwestern in den Krankenhäusern – jedenfalls nicht so wie wir es in Europa kennen. Jeder Kranke muss ein oder zwei Familienmitglieder zur Pflege im Krankenhaus abstellen. Oft sind es die lieben Tanten, die das dann machen. Sie schlafen unter den Betten auf einer Matte, bringen Essen und waschen die Kranken. So kann eine ganze kleine Familie schnell ins Elend sinken, denn Medikamente sind teuer. Dann muss der Mann, der vielleicht Wächter war, sein Moped verkaufen und verliert seine Arbeit. Die Frau muss ihren Marktstand aufgeben und so haben die Geschwister kein Schulgeld mehr. Oft ist kein Geld da für eine einzige Paracetamol, wenn ein Kind fiebert. Darum habe ich eine ambulante Krankenstation gebaut. Hier zahlen die Patienten 50 Cent und bekommen die Medikamente umsonst. Sie ist völlig überlaufen. Morgens um  7 Uhr stehen schon 150 Frauen vor der Tür. AMPO bezahlt auch nötige Operationen. Zur Zeit haben wir noch mehr Zulauf als bisher, weil es durch die Angriffe der Dschihadisten viele Opfer gibt. Inzwischen gibt es anderthalb Millionen Inlandsflüchtlinge, die alle keine Felder mehr haben. Es sind unschuldige Menschen, Bauernfamilien, die nun in Lagern wohnen! Die Zahl unserer Patienten ist auf ca. 100.000 im Jahr gestiegen. Übrigens sind die Hälfte der behandelnden Ärzte, Krankenschwester und Optiker frühere AMPO-Waisenkinder, die diese Berufe erlernt haben. Unser Ruf hallt weit, denn wir nehmen uns Zeit für unsere Patienten. Viele unserer Medikamente bekommen wir in der hiesigen Apothekenzentrale. Aber unser Lieblingspartner ist Action Medeor in Deutschland, ein Zulieferer für die Dritte Welt. Hier wissen wir sicher, dass wir keine gefälschten Tabletten bekommen. Sie spenden seit Jahren großzügig an uns, weil sie wissen, dass bei AMPO alles korrekt angewendet wird. Viermal im Jahr kommen große Mengen per Flugzeug. Leider müssen wir alles noch verzollen. Dieser Staat kennt kein Erbarmen.

1999 nimmt „P.P. Filles“ die Beratungstätigkeit über Familienplanung und Aids-Prävention, sowie das Thema Beschneidung an jungen Mädchen, für Mädchen und Frauen auf. Warum gibt es in Burkina Faso noch so viele Beschneidungen an jungen Mädchen?

Ja, unser Cinemobile reist seit 24 Jahren mit vier Animateuren bis in die entferntesten Dörfer um Aufklärung zu diesem Thema zu betreiben. Es gibt viele Vereine, vor allem von jungen Männern, die ihr Wissen darüber weitergeben. Ich selbst möchte und darf als Europäerin dazu nichts sagen. Das ist ein so komplexes afrikanisches Thema! Sie selbst, Afrikanerinnen aller Ethnien, müssen diese Praktik beenden. Die Statistik sagt, dass ca. 70 % der Frauen beschnitten sind – bei uns in AMPO haben wir 60 Waisenmädchen. Kein einziges ist beschnitten.

Gibt es Hoffnung auf eine Änderung im Denken der Menschen was das Beschneiden von jungen Mädchen betrifft, bzw. gibt es schon erste Erfolgserlebnisse in Burkina Faso?

Ja, das sehe ich durchaus so. Die Gefängnisse sind voll von alten Frauen, die früher mit einem rostigen Dosendeckel hinter einem Baum ihr schreckliches Werk taten. Beschneidung ist heute ein öffentliches Thema über das viel diskutiert wird. In erster Linie wollten Frauen und Mädchen diesen Eingriff selbst. Es ging um gesellschaftliche Anerkennung und darum, eine erwachsene Frau zu sein. Und wenn deine Omas, deine vielen Tanten und Mütter beschnitten sind, wie sollst du dich dem als Kind verweigern? Das stand früher nicht zur Debatte. Es war Pflicht. Heute ist das anders, weil es inzwischen strafbar ist und weil jeder darüber spricht.

Im Jahr 2003 hast du das Haus MIA eröffnet, welches minderjährige Mädchen, die schwanger und HIV-infiziert sind, samt ihren Kindern aufnimmt. Welche Aussichten haben diese jungen Frauen, die bei MIA Unterschlupf bekommen? Gibt es ein Programm und wie sieht ihr Alltag aus?

Diese Mädchen und junge Frauen, alle unter 21 Jahren, haben sogar sehr gute Aussichten. Sie leben gemeinsam, auch mit ihren Kindern, geschützt vor Gefahren. Es sind immer so um die 50 Mädchen, zum großen Teil mit schrecklichen Schicksalen. Alle lernen einen Beruf. Die meisten werden Schneiderin, Köchin und Serviererin. Andere haben sogar ihr Abitur geschafft und werden Hebammen oder Krankenschwestern. Etliche kommen aus dem Gefängnis zu uns. Viele mussten sich prostituieren, weil sie nicht in ihre Familien zurückkehren konnten. Bei Zwangsheirat oder ungeplanten Schwangerschaften sind die Traditionen hier sehr stark. Niemand aus der Familie darf sie mehr aufnehmen. Natürlich gehen erfahrene AMPO-Direktoren in die Dörfer um den Streit zu schlichten, was ihnen manchmal gelingt, aber nicht immer. Die Mädchen bleiben ca. 3 Jahre bei uns. Oft leben sie danach gemeinsam in Wohngemeinschaften weiter. Alle gehen zusätzlich zur Abendschule. Dafür schneidern sie sich sogar eigene Schuluniformen, so stolz sind sie darauf! In der Stadt betreiben sie einen Kiosk, in dem es nur traditionelle Gerichte gibt. Das was man früher in den Dörfern aß, also Hirsebrei, Blättersaucen und Ähnliches, wird dort verkauft. Um dafür zu kochen stehen sie um 5 Uhr morgens auf. Diese Idee hat einen großen Erfolg.

Wie sieht es mit dem Thema Gleichstellung in Burkina Faso aus? Werden deiner Meinung nach Männer und Frauen in Bereichen wie Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft gleich fair behandelt?

Ich persönlich finde es sieht ganz gut aus. Unser früherer Präsident Thomas Sankara hatte zwei große Ziele: Landwirtschaft und Frauenbildung. Daher kommt es, dass heute in höheren Positionen viele Frauen sitzen, als Abgeordnete, Ministerinnen, Richterinnen und natürlich sowieso im gesamten medizinischen und sozialen Bereich. Von unseren sieben Direktoren in den verschiedenen Projekten sind drei Frauen. Auch die Chefbuchhalterin ist eine Frau. Einfache Frauen aus den Dörfern, die niemals eine Schule von innen sahen, blicken heute stolz auf ihre studierenden Töchter! In den letzten, sagen wir 15 Jahren, gab es allgemein viel mehr Bildung für alle. Das hat einen Ruck durch die Bevölkerung gegeben. Endlich kann man über unseren Tellerrand hinaus sehen. Endlich gibt es Informationen. Das hat viel mit Demokratieverständnis zu tun. Frühere Regierungen wollten keine intellektuelle Elite, denn diese war gefährlich – und das ist sie heute, Gott sei Dank, tatsächlich. Wahrheiten müssen ausgesprochen werden, Korruption gibt es allerorten, aber hier wird sie nun in vielen Fällen aufgedeckt. Auch darin spielen Frauen genauso eine Rolle wie Männer.

Wenige Jahre später habt ihr eine Landwirtschaftsschule, „TONDTENGA“ genannt und zur Verhinderung von Landflucht errichtet. Bis zu 80 Jungen können hier Biolandwirtschaft und Viehzucht erlernen. Immer wiederkehrende Dürreperioden sorgen oft für große Not der hauptsächlich als Bauern lebenden Bevölkerung. Was gibt es für Präventionen für die vielen Bauern, um sich gegen die Dürreperioden zu wappnen und was macht die Regierung dafür, die Landwirtschaft zu stärken?

Nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen können das biologische Ackern in unserer Landwirtschaftsschule lernen. Sie heißt „Tondtenga“, übersetzt : „unsere Erde“, zärtlich von uns allen TT genannt. Unsere karge Erde hier hat gute ph-Werte. Man muss sie also nur sorgfältig behandeln, sich in subtropischer Landwirtschaft auskennen – und Wasser haben. Hier hat ein Bauer eigentlich nicht mehr als 2 – 4 Hektar Land. Zwei davon für Felder, einen zum Gemüseanbau, einen für Vieh und Menschen. Die großen Konzerne versprechen alles mit ihren chemischen Düngern, halten aber nichts. Das bekommen immer mehr Bauern mit, denn biologisch angebaut kann er mit 4 Hektar eine 12-köpfige Familie erhalten. Unsere Jungen und Mädchen kommen immer zu zehnt aus einem Dorf. Nach zwei Jahren gehen sie mit ihrem Wissen und von AMPO gut ausgerüstet zurück und gründen gemeinsam eine biologische Farm. Für den Anfang bekommen sie einen Solarbrunnen, Saatgut, Vieh etc. und legen zunächst einmal Kompostgruben an. Ihre Erträge verkaufen sie zum Teil auf ihren Märkten, aber auch in unserem AMPO Bioladen in der Stadt. Ihre biologischen Ernten an Sesam, Hibiskusblüten oder Morenga exportieren sie als Kooperative nach Deutschland. Spätestens nach einem Jahr fragen die Nachbarn an: „Wie kann es sein dass ich so viel Geld für chemischen Dünger ausgegeben habe, aber deine Tomaten sind größer als meine…?“ Na, und dann werden unsere Kenntnisse natürlich weitergegeben! Der Staat tut nun endlich auch so einiges für die Landwirtschaft. Die dörflichen Bauern tun sich in Gruppen zu Kooperativen zusammen und können so begünstigt Saatgut bekommen und z.B. Trecker ausleihen. Der Staat sendet auch Lehrer in unsere Landwirtschaftsschule. Alle abgehenden Schülerinnen und Schüler erhalten nach ihrer Prüfung ein Diplom.

Aufgrund von Mikrokrediten konnten du und dein Team im Jahr 2013 Frauengruppen die Selbstständigkeit ermöglichen. In welchen Bereichen mache sich Frauen in Ouagadougou in der Regel selbstständig? Gibt es Förderungen vom Staat?

Meist sind es sehr arme Frauen aus den Dörfern, die mit vier bis acht Kindern zu uns kommen. Sie wurden geschieden. Dazu reicht es, wenn ihr Mann ihre drei Kochsteine über die Mauer wirft oder sie der Hexerei beschuldigt. Oft sind sie in großer Not und haben buchstäblich nichts zu essen. AMPO überprüft die Umstände und kann ihr erst einmal für die nächsten Tage über die Runden helfen. Um einen Mikrokredit zu bekommen müssen diese Frauen erst einmal unsere Kurse absolvieren, zu Themen wie Hygiene, Beschneidung, Familienplanung und Kinderkrankheiten. Oft tun diese Frauen sich zusammen und mieten vielleicht zwei Zimmer. Die eine bleibt Zuhause und sorgt für die Kinder, der anderen zeigen wir wie man Kekse herstellt und verkauft. Oder sie bekommt einen kleinen Marktstand. Viele schieben Wassertonnen oder machen kleine Friseursalons auf. Staatliche Hilfen bekommen wir nicht. Mikrokredite werden nur an Frauengruppen vergeben, denn sie sind zurückzahlbar, und wenn ein Kind krank wird kann eine einzelne Frau nicht zurückzahlen. Die Gruppe springt jedoch für sie ein. Die Gruppe gibt Sicherheit. Wir haben eine Rückzahlquote von ca.80%. Das ist hoch. Wenn eine Gruppe alles zurückgezahlt hat kann sie sofort einen neuerlichen Kredit über den doppelten Betrag bekommen. So einen Mikrokredit kann man übrigens kaufen. Falls Sie in Deutschland etwas Gutes tun wollen: 250 Euro, und es geht los. Erkundigen Sie sich gerne in unserer Geschäftsstelle in Berlin, Tel. 0049 30 6416 5504. Die meisten Frauen sind Analphabetinnen, die jedoch bei uns in AMPO lesen und schreiben lernen können – und endlich ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen! Diese Frauen sind das Salz der Erde. Sie haben so viel durchgemacht und bleiben doch immer voller Hoffnung. Am Frauentag feiern wir mit gerne 600 Frauen bei AMPO, ein großes und solidarisches Fest!

Du wurdest mehrfach mit dem „Bundesverdienstkreuz“, mit der „Ehrenurkunde vom Orden der Mutter Teresa“, sowie zahlreichen weiteren Verdiensten, wie der Nominierung im Rahmen von „1000 Frauen für den Friedensnobelpreis“, als auch der Verleihung des Verdienstordens von Burkina Faso ausgezeichnet. War es schon immer dein Wunsch oder deine Berufung im Dienst am Menschen anzutreten?

Keinesfalls – ich bin eine Buchhändlerin durch und durch. Meine Mutter war es und meine Schwester ist es heute noch. Ich wusste nicht, dass ich eine Begabung zum Helfen hatte und auch nicht wieviel Geduld, Demut und Dankbarkeit dazu gehört. Darum bin ich froh, dass ich das alles in Afrika und von Afrikanern lernen durfte. Wir leben hier in Gefahr durch die Angriffe der Dschihadisten. Die allgemeine Lebensfreude leidet darunter wenig, denn nach wie vor wird gelacht. Jeden Tag sind wir froh gesund zu erwachen, das sagte schon Tucholsky: „Heute, das ist Dein Leben.“ Davon sehe ich wenig in Europa. Dort gibt es trotz Friedens und Sicherheit immer etwas zu meckern. Haben Sie jemals ihren Kindern sagen müssen: „Es tut mir leid, aber heute habe ich nichts zu essen für euch.“? Spielen Sie das einmal für sich durch, schauen Sie in die Gesichter ihrer Kinder, und dann muss Ihnen klar sein, dass wir alle Alles teilen müssen und dürfen!

Du hast im Jahr 2002 Dein Buch „Mama Tenga – mein afrikanisches Leben“ veröffentlicht. Was bedeutet Mama Tenga und wie kam es zu diesem Buchtitel?

Mama Tenga bedeutet in der Sprache der Mossi „Mutter Vaterland“. Das ist hier mein Spitzname. Warum es dazu gekommen ist, können Sie gerne in meinem Buch nachlesen. Ich hatte einmal einen lauten Disput mit dem Bauminister, bei dem ich in der Sprache der Mossi die Worte Tenga (Vaterland) und Tando (für Erde) verwechselte – darüber haben sich alle hier schiefgelacht, und so hatte ich meinen Spitznamen weg.

Burkina Faso bedeutet übersetzt – „Land des aufrichtigen Menschen“. Wenn du diesem Land einem Geist, einem Spirit zuordnen würdest, was wäre deiner Meinung nach das Wort?

Mein Afrika ist sehr komplex und voller Gegensätze. Das ist schwer zu sagen. Auf der einen Seite sind die Ärmsten der Armen sofort zum Teilen bereit. Sie sind immer freundlich, hilfsbereit und voller Lebensfreude. Auf der anderen Seite sind etliche der Neureichen hier oft unerträglich arrogant, betrügerisch und Ich-bezogen. Daraus lerne ich: Geld und Macht ergeben fast immer einen schlechten Charakter. Der Zusammenhalt zählt- reiche Leute machen sich selbst einsam. Da ich selbst jedoch fast nur mit Menschen in Armut umgehe ist mein Fazit fröhlich positiv! Mein so armes Land Burkina Faso bekommt das Prädikat: Wertvoll durch Teilen. So begann ja auch meine erste Reise hierher. Wir sind wieder am Anfang, bei Erich Fromm: „Nicht Haben, sondern Sein“. Meine Annahme wurde bestätigt. Es ist besser wenig zu haben und den Rest zu teilen. Dies ergibt am Ende ein glückliches Leben.

Es war mir eine sehr große Freude liebe Katrin, dieses Interview mit Dir zu halten!

1995_Start mit einer Müllkippe
Wartende Menschen vor der Krankenstation
Porträt_2
Waisenhäuser
KODAK Digital Still Camera
KODAK Digital Still Camera
KODAK Digital Still Camera
KR im Projekt P.P.Filles
Fotograf: Tom Novak

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