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MIRVAT GHANDOUR

Du bist Schauspielerin und Weltreisende. Du hast 47 Länder bereist und in sieben Ländern gelebt. Zur Zeit lebst du in Malta. Wann bist du auf die Idee gekommen, die Welt zu bereisen und warum?

Das stimmt. Aber ich bin nicht nur Schauspielerin und Weltreisende. Ich bin Modedesigner und Modestylistin sowie Innen- und Grafikdesignerin. Das erste Mal als ich auf Reisen ging, reiste ich nach Palästina, um mein Heimatland zu entdecken. Diese Reise bedeutet mir sehr viel, deshalb werde ich einen Film über diese Reise machen und nicht viel darüber reden. Die zweite Reise war nach Mykonos, damals als ich im Libanon war. Da ich immer freiberuflich tätig war, konnte ich mich immer entscheiden, wann ich zu meinem nächsten Ausflug aufbrechen will. Alle Freunde von mir, die ich gebeten habe mit mir zu reisen, haben keinen Urlaub bekommen, weil sie angestellt waren. Außerdem mussten sie ein Visum beantragen, weil sie einen libanesischen Pass besitzen und ich einen dänischen Pass habe, mit dem ich jederzeit und überall reisen kann. Also nahm ich meinen Mut zusammen, um auf Reisen zu gehen. Damals war ich schüchtern und hatte kein Selbstvertrauen. Ich sagte mir: „Das Schlimmste was passieren kann ist, im Hotel zu bleiben und nicht auszusteigen“. Was ich am Alleinreisen liebe ist, frei zu sein. Meine größte Reise war, als ich vom Libanon nach Ägypten zog. Also verkaufte ich alle meine Möbel und behielt mein neues Auto und reiste damit nach Europa. Ich nahm ein Schiff in die Türkei. Ich konnte nicht durch Syrien fahren, weil der Krieg damals begann. Ich war eine der Ersten, die dieses Schiff benutzten. Ich bereiste acht Länder in Europa und mein Ziel war es, den westlichsten Punkt in Europa zu erreichen. Ich habe 90 Tage mit meinem KIA Picanto und meinem libanesischen Kennzeichen gebraucht. Nach zwei Monaten begann der Winter in Europa und ich hatte nur Shorts und Sommerkleidung dabei. Ich war nicht vorbereitet, also musste ich schnell Winterkleidung einkaufen, da ich Portugal erreichen wollte. Ich war in Norditalien und fing an im Auto zu schlafen.

Du hast 16 osteuropäische Länder bereist und wolltest letztes Jahr Europa bereisen.

Du hattest tatsächlich vor von Malta nach Albanien zu reisen und von dort mit dem Mietwagen oder dem Zug zu fahren. Jetzt bist Du in Malta, da Covid 19 das Reisen erschwert. Was sind jetzt deine Pläne?

Während der Zeit von Covid habe ich keine Pläne, da niemand weiß was in Zukunft passiert. Grundsätzlich ist es mein Lebensstil überhaupt nichts zu planen.

Du schläfst manchmal sogar im Auto, wenn Du von Stadt zu Stadt reist. Das klingt nach Abenteuer. Hattest du in all den Jahren nie Angst, „großes Mädchen in der großen Welt“?

Da ich ein libanesisches Kennzeichen habe, war ich immer ein bisschen besorgt, dass jemand mein Auto stiehlt. Einmal, als ich in der Türkei war, haben sie mein Auto abgeschleppt, weil ich es irgendwo geparkt habe, wo ich es nicht hätte parken sollen. Ich fühlte mich aber auch nicht wohl mit vielen Leuten im Zimmer in einem Hostel oder Airbnb zu schlafen. Also parkte ich mein Auto irgendwo in der Natur und erwachte mit dem schönsten Sonnenaufgang aller Zeiten, nachdem ich in einem Auto geschlafen hatte. Tatsächlich denke ich nicht gerne negativ. Gott und die Engel haben mich gewacht. Das Leben hat mir immer Leute geschickt, die mir in der richtigen Situation geholfen haben. Ich bekomme sogar Gänsehaut, wenn ich darüber rede.

Du bist sehr mutig. Was war das Aufregendste, was Du jemals in Deiner Vergangenheit erlebt hast?

Das ist schwer zu sagen. Alles was ich getan habe, war sehr aufregend.

Du musst während Deiner Reisen viele Freunde gewonnen haben. Wie hast Du es geschafft, mit all diesen unterschiedlichen Nationalitäten, Kulturen und Sprachen in Kontakt zu treten?

Ich habe Glück, dass ich vier Sprachen spreche. Arabisch, Englisch, Dänisch und Italienisch. Ich habe auch Kurse in Portugiesisch, Spanisch und Türkisch besucht. Jetzt bin ich in Malta und möchte Serbisch lernen, da ich jetzt viele serbische Freunde habe. Da ich nie zweimal ein Land bereise, ist es traurig zu wissen, dass ich keine Menschen mehr sehen werde, die ich kennen und mögen gelernt habe. Normalerweise bleiben wir jedoch telefonisch oder über Facebook in Kontakt. Ich adaptiere schnell und passe mich an das an, was ich in diesen verschiedenen Ländern sehe. Die Art und Weise wie sie reden, essen und sich anziehen, füge ich meiner Persönlichkeit hinzu. Jeden Tag siehst du mich mit einem anderen Stil, weil ich ihn ändere, wenn ich in einer anderen Kultur bin. Sogar meine Persönlichkeit und meine Vision. Deshalb glaube ich fest, dass Reisen einen von innen so reich macht und jeden wachsen lässt. Und wenn ich zurückblicke, habe ich sogar ein paar meiner Überzeugungen geändert, nur weil ich in verschiedenen Kulturen unterwegs war.

Gibt es ein Land, indem Du gerne leben würdest?

Manchmal habe ich es sogar satt in verschiedenen Ländern zu leben. Da ich viel herumgereist bin und viel gesehen habe würde ich sagen, dass LA für mich geeignet wäre. Die Leute dort sind sehr freundlich. Da kann man leicht Freunde finden und die Natur ist unglaublich. Es ist das ganze Jahr über sonnig. Man kann Menschen aus allen Nationalitäten finden. In einigen anderen Ländern fühlte ich mich als Ausländer, aber nicht in LA. In Ägypten habe ich meine Karriere als Schauspielerin begonnen, aber jeder der jemand in dieser Branche sein will, will in Hollywood sein. Ich würde gerne in LA schauspielern, wo der Ursprung der Filmindustrie liegt.

Du bist für viele Menschen ein Sprachrohr, weil Du Dich auch gerne zu politischen Themen äußerst. Wenn Du ein Politiker wärst, was würdest Du zuerst ändern?

Eigentlich hasse ich Politik. Normalerweise verfolge ich noch nicht einmal die Nachrichten, weil alles negativ ist. Es ist gegen meine Natur. Leider kann man die Welt oder die Menschen nicht verändern. Aber was in unserer Welt, gerade in diesen Tagen, fehlt ist Gerechtigkeit, Liebe, Respekt, Menschlichkeit.

Wenn ich Politiker wäre und nur eines tun könnte, würde ich meinem Volk unser Land zurückgeben wollen. Ich würde Palästina gerne zurückbekommen.

Du studierst sicherlich alle Länder sorgfältig, bevor Du sie bereist. Gibt es etwas, das in allen Nationen ähnlich oder gleich ist?

Eigentlich studiere ich sie nicht viel, ich bin eine spontane Person. Ich sehe oft ein Bild einer schönen Landschaft in einem fremden Land, zum Beispiel auf Instagram, und dann entscheide ich mich dorthin zu gehen. Aber ich riskiere nichts, da bin ich vorsichtig. Ich fahre nicht nachts oder gehe in keine Clubs oder Bars. Ähnlichkeiten in den verschiedenen Ländern und Kulturen habe ich keine wahrgenommen. Überall ist es anders!

Wann hast du angefangen als Schauspielerin zu arbeiten und was ist deine Filmographie?

Als ich in Dubai lebte, war ich Model in einer Anzeige. Der Regisseur war aus Europa. Er rief mich an und fragte mich, ob ich Schauspielerin sei. Ich sagte: „Nein“. Er sagte: „Nun, du solltest es werden. Mir ist aufgefallen, dass du Dich sehr gut von außen beobachten kannst.“ Und das ist auch wahr. Ich bin auch ein Perfektionist. Wenn ich es nicht perfekt mache, dann mache ich es lieber überhaupt nicht. Ein Freund von mir in Libanon ist Casting-Direktor. Eines Tages rief er mich an und fragte mich, ob ich in einer ägyptischen Serie mitspielen möchte. Ich war überrascht und glücklich zugleich. Er sagte mir, dass ich ihm meinen Lebenslauf schicken soll. Nach einigen Tagen meldete er sich bei mir und sagte, sie hätten mich für die Rolle abgelehnt, weil ich vorher nie wirklich geschauspielert hätte. Ich bat ihn zum Regisseur zurück zu gehen und ihm zu sagen, dass jemand das Talent haben kann ohne je daran gearbeitet zu haben. Nach einer Weile rief er mich erneut an und sagte mir, ich solle einen 30 Sekunden langes Video aufnehmen, in dem ich auf Englisch über mich selbst spreche. Damit wollte er den Regisseur zeigen wer ich bin. Nach nur kurzer Zeit rief er mich wieder an und voller Freude sagte er zu mir: „Mirvat, wo bist du, der Regisseur will dich jetzt sehen!“ Also sprang ich aus dem Bett, zog mich an und wir fuhren zum Drehort. Ich habe das Vorsprechen gleich vor Ort gemacht, eine Szene vor dem Regisseur. Dann sagte er: „Geh und unterschreibe.“ Ich sagte: „WAS meinst du das im Ernst?“ Er sagte: „Ja, geh und unterschreibe. Aber ich möchte, dass Du weißt, dass dies eine ernste Rolle ist. Ich will, dass Du uns stolz machst.“ Das war der Beginn meiner Schauspielkarriere. Ich habe jeden Tag einen Monat lang für diese Fernsehserie gearbeitet. Als ich das erste Mal vor der Kamera stand, dachten alle ich sei schon viele Jahre Schauspielerin. In Ägypten spielte ich in sieben TV-Serien und einem Film mit.

Du hast sicherlich viel aus deinen Reisen in den verschiedenen Ländern im Umgang mit Menschen und den verschiedenen Charakteren gelernt. Würdest Du sagen, dass dies Dir beim Schauspielern sehr hilft?

Reisen verändert jeden. Menschen die viel reisen sind aufgeschlossener. Eigentlich bestanden meine Schauspielrollen oft darin eine Ausländerin zu spielen, die die Sprache des Landes, in der sie sich befand, nicht beherrschte. So viele angehende Schauspieler sind ihre Angst nicht los geworden, als sie vor der Kamera standen und handeln mussten. Aber ich habe all meine Angst verloren, auch durch die zahlreichen TV-Shows die ich vorher gemacht hatte. Also hatte alles in meinem Leben einen Zweck. Ich habe besonders meine Reiseerfahrungen sehr für die Schauspielerei nutzen können, da ich so viele verschiedene Persönlichkeiten spielen konnte.

Gibt es etwas, dass Du auf Deinen Reisen immer mit Dir trägst?

Ich habe immer die palästinensische Flagge dabei, seit 2015 als ich in Brasilien zum Fallschirmspringen gegangen bin. Genauer gesagt in Iguazu. Da gibt es die größten Wasserfälle in Südamerika zwischen Paraguay, Argentinien und Brasilien. Ich dachte mir: „Wenn ich schon etwas Außergewöhnliches mache, sollte ich mit der palästinensischen Flagge springen“. Ich musste zwei Tage lang in Brasilien nach meiner palästinensischen Flagge suchen. Das Fallschirmspringen war grandios. Die Fahne war dabei! Jetzt nehme ich die Flagge überall mit um alle wissen zu lassen:  „Ich bin hier, Palästina war hier!“ Die Leute erkennen, dass ich stolz darauf bin wer ich bin und das bringt Freude mit sich.

Was möchtest Du der Welt da draußen sagen?

Arbeite hart und gib Geld für Reisen aus, um die Welt zu entdecken und Gottes Schönheit zu sehen.

Es ist unvergesslich mit der Natur, den Tieren und all den verschiedenen Nationen in Kontakt zu treten. Wir sollten keine Sklaven der Arbeit sein und das Geld was wir verdienen nur für materielle Dinge nutzen.

Vielen Dank, Mirvat. Du bist eine atemberaubende Frau. Es war mir ein Vergnügen!

 

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